Wird jemand grundlos in die Flucht geschlagen und verletzt sich dabei, liegt ein sogenannter Herausforderungsfall vor, der einen Schmerzensgeldanspruch nach sich ziehen kann. Dies zeigt ein vom Amtsgericht München entschiedener Fall, das einem Mieter rechtskräftig 800 Euro Schmerzensgeld zugesprochen hat, nachdem dieser auf der Flucht vor seinem Vermieter, der ihn mit einem Pfefferspray verfolgt hatte, gestürzt war.

Der Beklagte ist Eigentümer eines Büro- und Geschäftshauses, in dem der Kläger Räume für seine Firma angemietet hat. Zwischen dem Kläger und dem Beklagten war es bereits mehrfach zu Streitigkeiten wegen des Mietverhältnisses gekommen. Schließlich sprach der Vermieter gegenüber dem Mieter ein Hausverbot für das gesamte Gebäude aus. Als die beiden Männer kurz darauf erneut aufeinander trafen, sprühte der Vermieter Pfefferspray in Richtung des Klägers.

Einen Tag später traf der Kläger wiederum auf seinen Vermieter, als er gerade dabei war, das Gebäude zu verlassen. Aus Angst vor ihm lief er in Richtung der Straße, fiel dabei über die Bordsteinkante und stürzte auf die Fahrbahn. Dabei zog er sich zwei Schürfwunden an der linken Hand und eine Schürfwunde am linken Oberarm zu und prellte sich die linke Hüfte. Deshalb verlangte er vom Vermieter 2.500 Euro Schmerzensgeld. Dieser weigerte sich zu zahlen. Er meinte, dazu berechtigt gewesen zu sein, das Hausverbot durchzusetzen. Außerdem treffe den Kläger ein Mitverschulden. Der Kläger erhob Klage vor dem AG München.

Das AG sprach dem Kläger 800 Euro Schmerzensgeld wegen vorsätzlicher Körperverletzung zu. Eine in Augenschein genommene Videoaufzeichnung, die der Kläger wegen des Vorfalls am Vortag gestartet hatte, bevor er das Gebäude verließ, ließ laut AG München unzweifelhaft erkennen, dass der Beklagte dem Kläger vor dem Gebäude aufgelauert habe, ohne weitere Vorwarnung wild auf ihn zugestürmt sei, dabei laut „jetzt aber“ geschrien und den Kläger in Richtung zur Straße verfolgt habe. Damit stehe fest, dass der Beklagte den Kläger durch den Angriff mit anschließender Verfolgung zur Flucht veranlasst hatte. Das Stolpern des Klägers sei durch die Verfolgung des Beklagten herausgefordert worden. Dies gelte umso mehr, als der Beklagte auch noch ein Pfefferspray in der Hand gehalten habe. Der Beklagte sei nicht berechtigt gewesen, das Hausverbot zu verhängen. Bei vermieteten Räumen sei allein der Mieter Hausrechtsinhaber.

Das AG München erachtete für die erlittenen Verletzungen des Klägers ein Schmerzensgeld in Höhe von 800 Euro als angemessen. Dabei sei berücksichtigt worden, dass es sich nur um leichte und oberflächliche Schürfungen handelte und die Hüftprellung sich in einem großen Bluterguss mit nicht unerheblichen Schmerzen über einen längeren Zeitraum hinweg manifestierte. Ein Mitverschulden des Klägers sei nicht ersichtlich.

AG München, Urteil v. 22.12.2016 – 173 C 15615/16