Eine Müsliherstellerin wechselte bei den Nährwertangaben auf der Packung zwischen den
Bezugsgrößen Trockenmüsli und zubereitetes Müsli Der Bundesgerichtshof legte dem Europäischen
Gerichtshof mit Beschluss vom 23.7.2020 Fragen zur Nährwertdeklaration bei Lebensmitteln vor, die in
der Regel noch nicht essfertig sind.
Das Produkt „Vitalis Knuspermüsli Schoko + Keks“ enthält auf der Schmalseite seiner Verpackung die
gesetzlich vorgeschriebenen Angaben zu den enthaltenen Nährwerten des Müslis. Weiter gibt die
Produzentin den Brennwert und Fett-, Zucker- und Salzmengen bezogen auf eine aus 40 Gramm des
Artikels und 60 Milliliter Milch mit einem Fettgehalt von 1,5% bestehende 100-Gramm-Portion des
zubereiteten Müslis an. Mit diesen zusätzlichen Angaben wirbt die Herstellerin auch auf der Vorderseite
der Verpackung.
Nach Ansicht des Bundesverbands der Verbraucherzentralen verstößt die Beklagte gegen die
Lebensmittelinformationsverordnung, weil sie auf der Schauseite der Verpackung nur den Brennwert
von 100 Gramm des essfertigen Müslis angegeben hat. Sie verlangt von der Herstellerin, den Brennwert
„pro 100 Gramm des Produkts“ ebenfalls auf die Vorderseite der Verpackung zu drucken. Das
Landgericht Bielefeld hat der Klage stattgegeben, das Oberlandesgericht Hamm hat sie abgewiesen.
Die Verbraucherzentrale verfolgte ihre Forderung vor dem Bundesgerichtshof weiter.
Der BGH will vom Europäischen Gerichtshof wissen, ob es nach den Art. 31 Abs. 3 Unterabs. 2 und Art. 33
Abs. 2 Unterabs. 2 der Lebensmittelinformationsverordnung (LMIV) verboten ist, mit
Nährwertinformationen pro Portion des zubereiteten Lebensmittels zu werben, ohne zusätzlich den
Brennwert je 100 g des Lebensmittels zum Zeitpunkt des Verkaufs anzugeben. Fraglich sei zunächst, ob
die Müsliherstellerin überhaupt zwischen den Bezugsgrößen „Verkauftes Produkt“ und „Zubereitetes
Produkt“ wählen durfte. Das hänge davon ab, ob Art. 31 LMIV allein für Lebensmittel gelte, bei denen
eine Zubereitung erforderlich und deren Zubereitungsweise vorgegeben sei (wie etwa für
Instantsuppen). Gelte die Norm auch für Müsli, welches man auf mehrere Weisen zubereiten kann, habe
die Herstellerin die freie Wahl, erklärte der I. Senat.
Der Sinn der Lebensmittelinformationsverordnung liege darin, dem Verbraucher die Vergleichbarkeit der
Produkte in unterschiedlichen Packungsgrößen zu ermöglichen. Die Informationen sollten einfach und
leicht verständlich sein. Da man das Knuspermüsli auf vielerlei Arten zubereiten kann, sind die Angaben
nach Ansicht des BGH für das essfertige Produkt für einen Vergleich nicht brauchbar. Wechsle die
Herstellerin innerhalb einer Packung zwischen den Bezugsgrößen Trockenmüsli und dem essfertigen
Müsli, erhöhe sie die Gefahr der Irreführung der Verbraucher.
Wer nicht durch vorangegangene Berichterstattung wusste, dass sich das Verfahren gegen Dr. Oetker
richtete, erfuhr es nach einem Blick in das Urteil. Auf Seite 5 hatte der BGH die komplette Vorderseite der
Verpackung abgebildet. Immerhin wurde dort der Herstellername zu „Dr. O“ verkürzt. Der Versuch
sorgte bei Twitter in mehreren Beiträgen für Heiterkeit – auch in Bezug auf die jüngste Diskussion um die
Anonymisierung von BGH-Urteilen.