Das Bundesverfassungsgericht nahm die Beschwerden, von mehreren Betreibern von Biogasanlagen die sich gegen die Deckelung der vollvergüteten Strommenge bei Bestandsbiogasanlagen und die Verschärfung der Voraussetzungen für den Erhalt des „Landschaftspflegebonus“ richteten, nicht zur Entscheidung an. Zwar entfalteten beide angegriffenen Neuregelungen des EEG 2014 eine unechte Rückwirkung, verletzten aber nicht das verfassungsrechtlich geschützte Vertrauen der Beschwerdeführer.
Das Gesetz über den Vorrang Erneuerbarer Energien („EEG“) gewährt den Betreibern von Anlagen zur Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien für die Dauer von 20 Kalenderjahren einen gegen die Elektrizitätsversorgungsunternehmen gerichteten Mindestvergütungsanspruch für die Einspeisung des Stroms. 2009 räumte der Gesetzgeber den Betreibern von Biogasanlagen die Möglichkeit ein, durch den Einsatz von gesetzlich nicht näher bestimmtem Landschaftspflegematerial zusätzliche Vergütungsansprüche zu erwerben („Landschaftspflegebonus“). Dieser Landschaftspflegebonus wurde mit dem EEG 2014 auch für Bestandsanlagen von der Verwendung gesetzlich näher bestimmten Landschaftspflegematerials abhängig gemacht (§ 101 Abs. 2 Nr. 1 EEG 2014). Dadurch sollte der um sich greifenden Praxis entgegengewirkt werden, landwirtschaftlich erzeugte Feldfrüchte in Biogasanlagen einzusetzen.
Darüber hinaus begrenzte der Gesetzgeber mit dem EEG 2014 für die Zukunft die Strommenge, für die Betreiber von Bestandsbiogasanlagen ihren Vergütungsanspruch in voller Höhe geltend machen können. Der Grenzwert liegt entweder bei der höchsten in der Vergangenheit in einem Kalenderjahr erzielten Leistung („Höchstbemessungsleistung“) oder aber bei 95 % der installierten Leistung. Für die darüber hinaus gehende Stromproduktion erhält der Betreiber lediglich den niedrigeren Marktwert (§ 101 Abs. 1 EEG 2014).
Die Biogasanlagen betreibenden Beschwerdeführer wendeten sich mit ihren Verfassungsbeschwerden gegen diese Neuregelungen und rügten vornehmlich die Verletzung der Eigentumsgarantie aus Art. 14 GG.
Das BVerfG hat die Verfassungsbeschwerden nicht zur Entscheidung angenommen. Sie seien mangels ausreichender Begründung überwiegend bereits unzulässig und im Übrigen unbegründet. § 101101 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 EEG 2014 verletzten die Beschwerdeführer nicht in einem verfassungsrechtlich geschützten Vertrauen. § 101 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 EEG 2014 entfalteten zwar grundsätzlich unechte Rückwirkung. Denn die Rechtsfolgen träten erst nach deren Verkündung ein, entwerteten aber in gewissem Umfang das Vertrauen in den Bestand der zuvor durch Gesetz zugesicherten Vergütungsoptionen. Den Biogasanlagen, die unter dem EEG 2009 in Betrieb genommen worden seien, sei der Vergütungsanspruch, zu dem auch der Landschaftspflegebonus in seiner konkreten Gestalt gehört habe, für einen Zeitraum von 20 Jahren versprochen worden. Dieser Zeitraum sei zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der angegriffenen Regelung noch nicht abgelaufen gewesen. Die Anforderungen an Gesetze mit unechter Rückwirkung seien aber erfüllt.
Zu den Grenzen der Zulässigkeit von unecht rückwirkenden Gesetzen erläutert das BVerfG, dass Gesetze, auf die ein schutzwürdiges Vertrauen des Einzelnen gründe, nicht ohne besondere und überwiegende Gründe des öffentlichen Interesses rückwirkend geändert werden dürften. Verspreche der Gesetzgeber – wie hier in den verschiedenen Fassungen des Erneuerbare-Energien-Gesetzes – für einen konkret festgelegten Zeitraum Vergütungen einer bestimmten Höhe für nach den Bedingungen des Gesetzes produzierten Strom, schaffe er eine besondere Vertrauensgrundlage für darauf aufbauende Investitionen. Dieser besondere Vertrauensschutz für Investitionen, die auf der Grundlage einer derartigen Gesetzeslage getätigt worden seien, schließe allerdings – gerade wenn sich die Zusage, wie hier, über einen so langen Zeitraum erstrecke – nicht jegliche Randkorrektur der Gewährungsbedingungen aus, sofern sie sich auf ein berechtigtes öffentliches Interesse stützen könne, die Garantie im Kern unberührt lasse und das berechtigte Vertrauen der Betroffenen nicht unangemessen zurücksetze.
Laut BVerfG verletzt § 101 Abs. 1 EEG 2014 diese Grenzen trotz der damit verbundenen Belastung für Bestandsanlagen nicht. Es liege auf der Hand, dass der Anreiz zum Ausbau alter Anlagen, der sich aus der Möglichkeit der Ausschöpfung alter – aus Sicht des Anlagenbetreibers besserer – Vergütungsregelungen ergebe, durch die angegriffene Regelung reduziert werde. Der Gesetzgeber berücksichtige aber das berechtigte Vertrauen des Altanlagenbetreibers im Ergebnis dadurch angemessen, dass er den bei Inbetriebnahme der Anlage zugesagten Vergütungsanspruch bis zu einer aus dieser Anlage bereits erzielten Höchstleistung weiterhin für 20 Jahre garantiert. Selbst wenn die Höchstleistung einer Anlage in der Vergangenheit atypisch niedrig gewesen sein sollte, gewährleiste die angegriffene Regelung die zugesagte Vergütung dann jedenfalls für 95% der installierten Leistung. Eine Produktionserhöhung durch nachträgliche Um- und Erweiterungsbauten werde dagegen nur bis zu den nunmehr definierten Grenzwerten mit dem ursprünglich versprochenen Vergütungsanspruch honoriert.
Diese Regelung sei verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, so das BVerfG. Einen weitergehenden Schutz seines Vertrauens in die uneingeschränkte Vergütung von Produktionserhöhungen aus Um- oder Erweiterungsbauten, die unter einem neuen EEG-Regime in Altanlagen installiert worden seien, könne der jeweilige Biogasanlagenbetreiber nicht beanspruchen. Insbesondere lägen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass der Gesetzgeber solche nachträglichen Um- oder Erweiterungsbauten bewusst in den Vertrauensschutz der 20-Jahre-Garantie einbeziehen wollte. Ein Vertrauen auf den Fortbestand der Möglichkeit zum leistungssteigernden Um- und Ausbau sei daher verfassungsrechtlich nicht schutzwürdig.
Laut BVerfG verstößt auch § 101 Abs. 2 Nr. 1 EEG 2014 in Bezug auf den Einsatz von Feldfrüchten nicht gegen die an unecht rückwirkende Gesetze zu stellenden Anforderungen. Der verfassungsrechtlich nicht zu beanstandende Zweck der angegriffenen Regelung liege darin, der unter dem Begriff „Landschaftspflegemais“ bekannt gewordenen Fehlentwicklung Einhalt zu gebieten. Die Regelung sei zu diesem Zweck geeignet, erforderlich und auch angemessen.
Nachdem den Biogasanlagenbetreibern ein bestimmter Vergütungsanspruch samt einem unter bestimmten Voraussetzungen gewährten Landschaftspflegebonus für 20 Jahre versprochen worden sei, hätten die Anlagenbetreiber grundsätzlich davon ausgehen dürfen, dass die Voraussetzungen, unter denen dieser Landschaftspflegebonus gewährt werde, innerhalb des genannten Zeitraumes nicht verschärft würden. Die im Grundsatz gewichtigen Bestandsinteressen seien durch die angegriffene Bestimmung tatsächlich aber nur geringfügig beeinträchtigt. Die Verschärfung der Voraussetzungen für den Erhalt des Landschaftspflegebonus betreffe lediglich einen mit Blick auf den gesamten Vergütungsanspruch vergleichsweise geringen Teil. Dass den Betreibern eine Belastung drohe, die etwa die Wirtschaftlichkeit des Betriebs der Anlage insgesamt in Frage stellen würde, sei danach nicht erkennbar. Vor diesem Hintergrund könnten die Bestandsinteressen das gesetzgeberische Änderungsinteresse, das sein besonderes Gewicht aus der wirksamen Bekämpfung einer Fehlentwicklung beziehe, nicht überwiegen.
BVerfG, Beschlüsse vom 20.09.2016, Az.: 1 BvR 1140/15, 1 BvR 1299/15 und 1 BvR 1387/15