Die US-Klagewelle gegen Bayer wegen angeblicher Krebsgefahren von Unkrautvernichtern
mit dem Wirkstoff Glyphosat reißt nicht ab, doch es könnte schon bald einen Vergleich
geben. Der im Rechtskonflikt vermittelnde Mediator Ken Feinberg sagte dem Finanzdienst
Bloomberg am 16.1.2020, er sei „verhalten optimistisch“, dass innerhalb etwa eines Monats
eine Einigung zwischen Bayer und den Klägern erzielt werden könnte. Zu den Bedingungen
eines möglichen Vergleichs wollte der US-Staranwalt, der im Juni als Verhandlungsführer
verpflichtet wurde, sich nicht äußern. Die Bayer-Aktie legte am 17.1.2020 zu und gehörte
zum Handelsstart zu den Favoriten im deutschen Leitindex Dax.
Nach Angaben Feinbergs ist die Zahl der Klagen inzwischen auf 75.000 bis 85.000 oder
sogar noch mehr gestiegen. Dem widersprach Bayer jedoch in einer Stellungnahme. Bei der
Zahl handele es sich um eine „spekulative Schätzung“, die potenzielle Kläger umfasse, die
ein möglicher Vergleich umfassen könnte. Die Bayer bislang tatsächlich zugestellten Klagen
hatte der Konzern zuletzt im Oktober mit etwa 42.700 angegeben, was bereits mehr als eine
Verdopplung gegenüber Juli entsprach. Nun teilte das Unternehmen mit, dass die Anzahl
zwar weiter gestiegen sei, aber „deutlich unter 50.000“ liege.
Bayer hatte sich 2018 mit dem über 60 Milliarden Dollar teuren Kauf des US-Saatgutriesen
Monsanto immense Rechtsrisiken ins Haus geholt. Die ersten drei US-Prozesse wegen
angeblich krebserregender Unkrautvernichtungsmittel von Monsanto hatte Bayer verloren
und hohe Schadenersatz-Urteile kassiert. Der Konzern hat die Schuldsprüche jedoch
angefochten und erhielt in einem Berufungsverfahren zuletzt Unterstützung von der USRegierung,
deren Umweltbehörde EPA das umstrittene Pflanzengift Glyphosat nicht als
krebserregend einstuft.
Die meisten Analysten erwarten, dass sich das Unternehmen über kurz oder lang auf einen
milliardenschweren Vergleich mit den zahlreichen Klägern in den USA einigt. Darauf dringen
auch die zuständigen Gerichte. Nach dem letzten Prozess im Mai waren alle weiteren
geplanten Gerichtsverhandlungen im vergangenen Jahr verschoben worden. Trotz der laut
Mediator Feinberg offenbar voranschreitenden Gespräche über einen Vergleich stehen noch
vereinzelt Prozesse auf der Agenda. Laut Bloomberg soll bereits am 17.1.2020 einer in
Kalifornien und ein weiterer in St. Louis beginnen.
Die Hoffnung auf einen baldigen Vergleich sowie die indirekte Unterstützung der USRegierung
hatten dem wegen der Glyphosat-Klage arg gebeutelten Aktienkurs zuletzt
Auftrieb verliehen. Seit dem Mehrjahrestief von 52,02 Euro im Juni 2019 haben sich die
Papiere mittlerweile um knapp 46% erholt. Allerdings kosten sie immer noch fast ein Fünftel
weniger als vor der ersten Glyphosat-Prozessniederlage im August 2018. Im Fall einer
Einigung sehen zahlreiche Analysten – je nach Höhe der Entschädigungssumme an die
Kläger – noch deutlich Luft für den Aktienkurs.
Mediator Kenneth Feinberg am 16.1.2020 zum Mediationsverfahren um Bayer´s Glyphosat