Die Verurteilung des Geschäftsführers eines nordhessischen Schlachthofes wegen „roher Tierquälerei“ in
sechs Fällen zu einer Geldstrafe ist rechtskräftig. Das Oberlandesgericht Frankfurt a.M. bestätige nun,
dass der Angeklagte in voller Kenntnis der verwendeten unzureichenden Betäubungsanlage die
Schlachtung von Schweinen durchgeführt habe.
Der Angeklagte war Geschäftsführer eines Schlachthofes in Nordhessen und dort für die Abläufe
zuständig. Nach den Feststellungen des Landgerichts war für die Schlachtung der Schweine
vorgesehen, dass diese in einer automatisierten Elektrobetäubungsanlage durch Ansetzen von Kopfund Herzströmen bis maximal 1,6 Ampere zunächst betäubt und schmerzunempfindlich gemacht
werden sollten, um dann auf dem Entblutungsrost auszubluten. Durch die Stromstöße sollte ein
Wiedererwachen vor und während der Entblutung verhindert werden. Zusätzlich gab es handgeführte
Betäubungszangen mit variabel einstellbaren Frequenzen und Stromstärken.
Die automatisierte elektrische Betäubungsanlage war trotz verschiedener Anpassungen allerdings nicht
geeignet, die Wahrnehmungs- und Empfindungsfähigkeit der Schweinen vor ihrer Entblutung zu
beseitigen. Es wurde ein unvertretbar hoher Anteil von Fehlbetäubungen festgestellt. Auch die
händischen Nachbetäubungen erfolgten überwiegend fehlerhaft und mit unzureichender Effektivität.
Nach Erlass einer Ordnungsverfügung an den Schlachthof wurden bei einer erneuten Überprüfung
wiederum Symptome einer mangelhaften Betäubung festgestellt.
Das Amtsgericht hatte den Angeklagten deshalb wegen „roher Tierquälerei“ im Tatzeitraum 2011 bis
2013 zu einer Gesamtgeldstrafe verurteilt, das Landgericht hatte auf die Berufung hin den Schuldspruch
bestätigt, den Angeklagten verwarnt und eine Verurteilung zu einer Gesamtgeldstrafe vorbehalten.
Hiergegen hatte der Angeklagte Revision eingelegt. Das OLG hat diese nun zurückgewiesen und
bestätigt, dass das Verhalten des Angeklagten eine „rohe Tierquälerei“ darstellte. Der Angeklagte habe
gewusst, dass die gesetzlich vorgesehene „Betäubung zur Vermeidung von Schmerzen und Leiden in
einen bis zum Tod anhaltenden Zustand der Empfindungs- und Wahrnehmungslosigkeit“ (§ 12 TierschutzSchlachtverordnung) in seiner Zuständigkeit mit dem ihm zur Verfügung stehenden Betäubungsanlagen
nicht erfüllt werden konnte.
Er habe über einen Zeitraum von zwei Jahren den wirtschaftlichen Interessen des Schlachthofes und
auch eigenen monetären Interessen den Vorrang gegenüber dem Empfinden der Tiere eingeräumt.
Die Gleichgültigkeit zeige sich darin, dass er in dem langen Zeitraum die immer wieder aufgezeigten
unzureichenden Betäubungen nicht abgestellt habe. Das Verhalten sei dabei entgegen der
landgerichtlichen Bewertung als aktives Tun zu bewerten. Der Angeklagte habe als Handelnder die
„rohe und quälerische“ Schlachtung angeordnet, anstatt entweder die ungeeignete Anlage durch
eine geeignete zu ersetzen oder aber die Schlachtungen einzustellen. Die damit verbundene
Verschärfung des Schuldspruchs wirke sich allerdings aufgrund des Verschlechterungsverbots nicht auf
den Strafrahmen aus, da die Staatsanwaltschaft ihrerseits kein Rechtsmittel eingelegt habe.
Zudem seien auch der Verwaltungsrat und das Veterinäramt für die ihnen bekannten strafrechtlichen
Zustände im Schlachthof mitverantwortlich, wobei sich der damalige Bürgermeister der Stadt als
Miteigentümer des Schlachthofs und oberster Dienstherr des Veterinäramtes im Ergebnis selbst
kontrolliert habe. Diese Mitverantwortung entlaste jedoch den Angeklagten nicht.