Das Oberlandesgericht Hamm hat in diesem Beschluss darauf hingewiesen, dass ein Produkt grundsätzlich je nach seinem Verwendungszweck entweder als Pflanzenschutzmittel oder als Düngemittel einzuordnen sei. Daneben komme es auch auf die stoffliche Wirkung des Produkts an. Das Amtsgericht muss in dem Bußgeldverfahren um den Vertrieb von „Gekörntem Eisendünger“ nun erneut entscheiden, ob Verstöße gegen das Pflanzenschutzgesetz vorliegen.
Der Betroffene betreibt einen „Schnäppchen-Markt“. Der Markt bietet verschiedene Waren zu günstigen Einkaufsbedingungen an. Im Frühjahr 2015 veräußerte der Betroffene in seinem Geschäft das Produkt „Gekörnter Eisendünger“. Das Produkt wurde als Rasendünger beworben und enthielt laut Hinweis auf der Verpackung Eisen-II-Sulfat, das bei Moosbefall helfe. Das Produkt hat keine Zulassung als Pflanzenschutzmittel nach der – das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln regelnden – VO (EG) 1107/2009 vom 21.10.2009. Der Betroffene verfügt auch nicht über den nach dem Pflanzenschutzgesetz für den Vertrieb von Pflanzenschutzmitteln erforderlichen Sachkundenachweis. Den Vertrieb des Produktes hatte der Betroffene auch nicht der zuständigen Verwaltungsbehörde angezeigt.
Nach Ansicht des Amtsgerichts begründeten diese Umstände drei tateinheitlich begangene Ordnungswidrigkeiten des Betroffenen nach dem Pflanzenschutzgesetz: das Inverkehrbringen eines nicht zugelassenen Pflanzenschutzmittels, seinen Handel ohne erforderlichen Sachkundenachweis des Händlers und ohne die zuvor gebotene behördliche Anzeige. Das Amtsgericht verhängte gegen den Betroffenen deswegen eine Geldbuße in Höhe von 250 Euro. Dagegen legte der Betroffene Rechtsbeschwerde ein.
Die Rechtsbeschwerde war – vorläufig – erfolgreich. Das OLG hat das AG-Urteil aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen. Die Feststellungen des Amtsgerichts seien nicht ausreichend, um den Betroffenen wegen Verstoßes gegen das Pflanzenschutzgesetz zu verurteilen. Ihnen sei nicht zu entnehmen, ob es sich tatsächlich um ein Pflanzenschutzmittel handle. Es sei keine Abgrenzung zwischen Pflanzenschutz- und Düngemittel erfolgt. In den Urteilsgründen werde nicht ausgeführt, welchem Verwendungszweck das beanstandete Präparat diene, in welchem Anteil in ihm Eisen-II-Sulfat enthalten und wie das Produkt chemisch zusammengesetzt sei.
Vorsorglich (obiter dictum) wies das OLG darauf hin, wie zwischen Pflanzenschutz- und Düngemittel abzugrenzen sei. Danach sei ein Produkt grundsätzlich je nach Verwendungszweck entweder als Pflanzenschutzmittel oder als Düngemittel einzuordnen. Für die Abgrenzung sei die ausgelobte Zweckbestimmung des Produkts maßgeblich. Um eine Umgehung der anzuwendenden Norm des Pflanzenschutzgesetzes zu vermeiden, komme es neben der Zweckbestimmung zusätzlich noch auf die stoffliche Wirkung des Produkts an. Sofern ein Produkt aus zwei verschiedenen chemischen Wirkstoffen bestehe, von denen einer als Düngemittel und der andere als Pflanzenschutzmittel wirke, bedürfe das Produkt sowohl einer pflanzenschutzrechtlichen Zulassung als auch der Einhaltung der düngemittelrechtlichen Vorgaben. Sofern ein Produkt aus einem chemischen Wirkstoff bestehe, der sowohl als Pflanzenschutzmittel als auch als Düngemittel wirke, komme es auf die überwiegende Zweckbestimmung (Auslobung) des Produkts durch den Hersteller sowie die genaue stoffliche Zusammensetzung an.
OLG Hamm, Beschluss v. 9.5.2017 – 4 RBs 24/17