Eine Hoferbenbestimmung kann bedeuten, dass ein zum Hoferben bestimmter Rechtsnachfolger Alleinerbe des Erblassers werden soll, wenn der landwirtschaftliche Betrieb die Hofeigenschaft im Sinne der Höfeordnung (HöfeO) verliert. Das hat das Oberlandesgericht Hamm mit Beschluss vom 21.3.2018 in Abänderung des erstinstanzlichen Urteils des Amtsgerichts Paderborn entschieden.
Der im Januar 2016 im Alter von 93 Jahren verstorbene Erblasser war Eigentümer eines Hofes in Hövelhof, der im Grundbuch als Hof im Sinne der HöfeO verzeichnet war. Zum Hof gehörte ursprünglich eine landwirtschaftliche Nutzfläche von ca. 100 Hektar, auf der der Erblasser vorwiegend Ackerbau betrieb. Seit den 1970er Jahren verkaufte der Erblasser Ackerflächen, so dass zu seinem Betrieb zuletzt nur noch ca. 13 Hektar Ackerfläche und ca. 7,5 Hektar Forst gehörten. Seit dem Jahr 2000 ist die landwirtschaftliche Betriebsfläche an den heute 62 Jahre alten Antragsteller, den Sohn eines verstorbenen Vetters des Erblassers, verpachtet. Der Antragsteller ist ausgebildeter Landwirt und Inhaber eines benachbarten Hofes im Sinne der HöfeO. Der Betrieb des Erblassers verfügte bei seinem Tod über kein Inventar mehr, die zu ihm gehörenden Gebäude hatte der Erblasser weitgehend gewerblich vermietet, die große Diele seines Wohnhauses zu einem Veranstaltungsraum umgebaut und an ein örtliches Cateringunternehmen verpachtet. Seinen Lebensunterhalt bestritt der Erblasser zuletzt im Wesentlichen aus Miet- und Pachteinnahmen.
Im Jahr 2005 schloss der Erblasser mit seinen Geschwistern einen notariellen Erbvertrag, mit dem er ihnen das Miteigentum an zwei Baugrundstücken vermachte. Mit dem Antragsteller schloss der Erblasser im Jahr 2007 einen weiteren Erbvertrag, indem er den Antragsteller zum Hoferben einsetzte. Im Gegenzug verpflichtete sich der Antragsteller, an den Erblasser eine monatliche Rente in Höhe von 850 Euro zu zahlen. Diese Verpflichtung erfüllte der Antragsteller bis zum Tod des Erblassers.
Nach dem Tod des Erblassers beantragte der Antragsteller ein Hoffolgezeugnis, nach welchem er mit dem im Jahr 2007 abgeschlossenen Erbvertrag zum alleinigen Hoferben berufen worden sei. Die Antragsgegnerin aus Köln ist eine von sechs Nichten und Neffen des Erblassers. Sie hat die Auffassung vertreten, dass der Antragsteller kein Hoferbe geworden sei, weil der Hof des Erblassers zum Zeitpunkt seines Todes kein Hof im Sinne der HöfeO mehr gewesen sei. Vielmehr sei der Erblasser im Wege der gesetzlichen Erbfolge von seinen Nichten und Neffen beerbt worden.
Das AG Paderborn ist dem Antrag des Antragstellers gefolgt und hat die zur Erteilung des begehrten Hoffolgezeugnisses erforderlichen Tatsachen für festgestellt erachtet. Es hat gemeint, dass die aus dem Grundbucheintrag folgende Vermutung dafür, dass der Hof des Erblassers nach wie vor ein Hof im Sinne der HöfeO sei, nicht widerlegt sei. Es könne nicht festgestellt werden, dass die Hofeigenschaft außerhalb des Grundbuchs durch eine endgültige Betriebsaufgabe verloren gegangen sei.
Das OLG Hamm hat die erstinstanzliche Entscheidung aufgrund einer von der Antragsgegnerin erhobenen Beschwerde überprüft und abgeändert. Nach dessen Entscheidung kann dem Antragsteller kein Hoffolgezeugnis erteilt werden. Bei dem vom Erblasser hinterlassenen landwirtschaftlichen Besitz handele es sich nicht mehr um einen Hof im Sinne der HöfeO. Auch wenn weiterhin ein Hofvermerk im Grundbuch eingetragen sei, bestehe kein Hof mehr im Sinne der HöfeO, wenn die landwirtschaftliche Betriebseinheit auf Dauer aufgelöst sei. Dies sei vorliegend der Fall. Denn der Erblasser habe schon im Jahr 2000 und damit einige Jahre vor Abschluss des Erbvertrages mit dem Antragsteller die Bewirtschaftung seines landwirtschaftlichen Betriebes endgültig aufgegeben. Der mit dem Antragsteller im Jahr 2007 abgeschlossene Erbvertrag, der von einem fortbestehenden Hof im Sinne der HöfeO ausgehe, lasse die Hofeigenschaft der Besitzung nicht wieder aufleben.
Allerdings sei einem vom Antragsteller im vorliegenden Verfahren gestellten Hilfsantrag zu folgen, nach welchem der Antragsteller das Ausstellen eines Erbscheins beantrage, der ihn nach allgemeinem Erbrecht (und nicht nach dem Sondererbrecht der HöfeO) als Alleinerben ausweise. Die im notariellen Erbvertrag enthaltene Hoferbenbestimmung sei im vorliegenden Fall dahingehend auszulegen, dass der Antragsteller Rechtsnachfolger des Erblassers auch für den Fall werden sollte, dass der landwirtschaftliche Besitz die Hofeigenschaft im Sinne der HöfeO verloren habe. Die für die Auslegung maßgeblichen Umstände zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses sprächen dafür, die Erbeinsetzung des Antragstellers auch für den Fall anzunehmen, dass der Erblasser den Wegfall der Hofeigenschaft seines Besitzes erkannt und beim Abschluss des Erbvertrages bedacht hätte. Es sei ihm darum gegangen, seinen Nachlass im Ganzen zu erhalten und nicht durch eine – im Wege der gesetzlichen Erbfolge eintretende – Aufteilung an seine Nichten und Neffen zu zersplitterten. Den Nachlass habe zudem der Antragsteller erhalten sollen, mit dem eine monatliche Zahlung in Höhe von 850 Euro vereinbart worden sei. Dem Antragsteller sei daher nach allgemeinem Erbrecht ein Erbschein zu erteilen, der ihn als Alleinerben des Erblassers ausweise.