Der Gerichtshof der Europäischen Union soll klären, ob einzelne Bestimmungen der Richtlinie 2014/40/EU (Tabakrichtlinie) mit höherrangigem EU-Recht vereinbar sind. Dies geht aus dem Vorlagebeschluss des Berliner Verwaltungsgerichts vom 21.4.2017.
Die Klägerin ist ein in Berlin ansässiges Familienunternehmen, das Tabakprodukte herstellt und vertreibt. Seit vielen Jahren lag ihr Produktionsschwerpunkt in der Herstellung von aromatisierten Tabaken zum Selbstdrehen (sogenannter Feinschnitt) sowie aromatisierten Pfeifentabaken und Zigaretten.
Ende April 2014 wurde die Tabakrichtlinie im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht. Sie sieht unter anderem ein Verbot des Inverkehrbringens von bestimmten Tabakerzeugnissen mit einem charakteristischen Aroma vor („Aromaverbot“). Außerdem enthält sie Kennzeichnungs- und Verpackungsvorgaben, darunter die Pflicht zur Anbringung kombinierter gesundheitsbezogener Text-Bild-Warnhinweise („Schockfotos“). Ferner verbietet sie Angaben auf der Verpackung, die sich auf Geschmack, Geruch, Aromastoffe oder auf deren Fehlen beziehen („Aromawerbeverbot“). Das in Umsetzung der Richtlinie in deutsches Recht verabschiedete Tabakerzeugnisgesetz trat im Mai 2016 in Kraft.
Die Klägerin begehrt mit ihrer Klage vor dem VG Berlin die Feststellung, dass einzelne Vorschriften des Gesetzes und der darauf basierenden Tabakerzeugnisverordnung auf sie keine Anwendung finden. Insbesondere verstoße das Fehlen von Übergangsfristen gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Sie habe nicht genügend Zeit gehabt, um ihre Produktionsanlagen auf die neuen Verpackungsvorgaben umzustellen und alle Markennamen abzuschaffen oder zu ändern, die einen Hinweis auf eine Aromatisierung enthielten. Auch könne sie infolge des „Aromawerbeverbots“ viele ihrer im Markenregister eingetragenen Marken überhaupt nicht mehr verwenden.
Das Gericht hat ebenfalls Zweifel an der Vereinbarkeit der den deutschen Regelungen zugrunde liegenden Bestimmungen der Tabakrichtlinie mit primärem EU-Recht. Außerdem will es wissen, wie einzelne Bestimmungen der Tabakrichtlinie auszulegen sind.
VG Berlin, Beschluss v. 21.4.2017 – VG 14 K 172.16