Die Erteilung einer Erlaubnis für die Haltung von Kangalfischen („Knabberfische“) in den Fisch-Spa-Becken eines Wellness-Studios zum Zwecke der sanften Hornhautentfernung ist nach dem Tierschutzgesetz nicht grundsätzlich ausgeschlossen. Denn durch entsprechende Auflagen (zur Wasserqualität, zur Besatzdichte der Fische, zu Rückzugsmöglichkeiten usw.) lasse sich eine artgerechte Haltung der Fische sicherstellen, wie sie für die Erteilung einer Erlaubnis erforderlich ist. Das Verwaltungsgericht Freiburg hat der Klage der Inhaberin eines Wellness-Studios stattgegeben und die Tierschutzbehörde verpflichtet, über ihren Antrag auf Erteilung der tierschutzrechtlichen Erlaubnis erneut zu entscheiden.
Die ausgewachsen ca. fünf bis sechs Zentimeter großen Kangalfische sind nach der Region Kangal in der Türkei benannt, wo sie in durchschnittlich 35 Grad warmen, nährstoffreichen Gewässern leben. In der freien Natur schwimmen sie ohne Scheu auf im Wasser befindliche Menschen zu und knabbern an den aufgeweichten oberen Hautschichten der Füße. Sie werden deshalb zu kosmetischen Zwecken in der Fußpflege eingesetzt.
Die Tierschutzbehörde hatte die von der Klägerin beantragte Erteilung der Erlaubnis für einen solchen Einsatz allerdings mit der Begründung abgelehnt, das Tierschutzgesetz verbiete es, „einem Tier ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schäden zuzufügen“. Bei einer Haltung der Fische zu Zwecken der Hornhautentfernung komme es aber für sie zwangsläufig zu Stresssituationen, da sie die Bewegung der Füße der Spa-Nutzer als eine Dauerbedrohung durch einen potentiellen Fressfeind wahrnähmen. Belastungen der Wasserqualität durch Rückstände von Kosmetika, Seifen und Parfüms sowie Schweiß- und Talgpartikel der Nutzer führten zudem bei den Fischen zu chronischem Stress.
Die Haltung der Fische zu rein kosmetischen Zwecken stelle auch keinen „vernünftigen Grund“ im Sinne des Tierschutzgesetzes dar, weil ihnen ein Schaden durch Stress allein zur Befriedigung eines Luxusbedürfnisses zugefügt werde, das sich durch Einsatz von Bimsstein oder Raspel zur Hornhautentfernung auch leicht ohne Einsatz von Tieren erfüllen lasse. Schließlich widerspreche die Nutzung der Fische als „lebendige Hautreiniger“ dem im Grundgesetz (Art. 20a GG) verfassungsrechtlich verankerten Gedanken der Mitgeschöpflichkeit.
Das VG tritt der Argumentation der Tierschutzbehörde entgegen. In seinem Urteil setzt es sich ausführlich mit zahlreichen, ihm vorliegenden Gutachten und fachkundigen Stellungnahmen von Fischbiologen auseinander und kommt zu dem Ergebnis, eine artgerechte Haltung der Fische lasse sich sicherstellen. Die Wasserqualität könne durch Auflagen zur Reinigung und zum Sauerstoffgehalt gesichert werden. Stress für die Fische lasse sich durch Regelungen über die jedem Fisch im Durchschnitt zur Verfügung stehende Wassermenge (Besatzdichte von Fischen pro Liter Wasser) vermeiden, durch Auflagen zur Schaffung von Rückzugsräumen (Röhren oder Steine am Untergrund der Becken) sowie durch Regelung von Ruhezeiten für die Fische mittels Beschränkung der Zahl und Dauer der kosmetischen Behandlungen pro Tag.
Dass die Bewegung menschlicher Füße die Fische in Angst versetze, sei nicht zu befürchten. Denn es entspreche ihrem natürlichen Verhalten, von sich aus zu Menschen zu schwimmen und an ihnen zu knabbern. Da den Fischen mithin nicht etwa ein artfremdes, unnatürliches Verhalten antrainiert, sondern lediglich ihr natürliches Verhalten ausgenutzt werde, könne auch nicht davon die Rede sein, ihrer Mitgeschöpflichkeit werde in einer das ethische Verhältnis zwischen Mensch und Tier missachtenden Weise der Respekt versagt. Selbst wenn ein kurzzeitiger Stress für die Fische entstehe, würde ihnen dieser nicht ohne vernünftigen Grund zugefügt. Denn der mit ihrem Einsatz verfolgte kosmetische Zweck sei als billigenswertes menschliches Bedürfnis anzuerkennen, nachdem bundesweit zahlreiche Fisch-Spa-Studios existierten.
Das Urteil ist rechtskräftig.
VG Freiburg, Urteil v. 1.2. 2017 – 4 K 1758/16