Das Verwaltungsgericht Gießen hat mit einem Beschluss vom 19.6.2019 einen Eilantrag der
Philipps-Universität Marburg abgelehnt, der vom Regierungspräsidium Gießen keine
Erlaubnis für die Durchführung von Tierversuchen an 36 Dsungarischen
Zwerghamstern erteilt worden war.
Die Universität hatte die Genehmigung der Tierversuche im Rahmen ihres „ESA“-Projektes
beantragt. Dabei sollte das Torporverhalten bei den Zwerghamstern und dessen Abhängigkeit
von der Aktivität des sympathischen Nervensystems untersucht werden. Als Torpor
bezeichnet man einen schlafähnlichen physiologischen Zustand, der vor allem bei kleineren
Säugetieren und Vögeln vorkommt, wobei Stoffwechsel und Energieumsatz weitgehend
abgeschaltet werden, die Körpertemperatur auf das Niveau der Umgebungstemperatur
abgesenkt und alle Körperfunktionen gleichsam auf Sparflamme gehalten werden. Der Torpor
dient den Tieren vor allem dazu, längere Zeiten des Nahrungs- oder Wassermangels zu
überstehen. Untersucht werden sollte mit den Tierversuchen, wie der Torpor ausgelöst wird,
um daraus Erkenntnisse für die Nutzbarmachung in der Raumfahrt zu gewinnen. Das
Regierungspräsidium Gießen hatte die Versuche im Wesentlichen mit der Begründung
abgelehnt, dass keine ausreichenden Belege dafür vorgelegt worden seien, dass die
Tierversuche unerlässlich sowie ethisch vertretbar sind.
Das Verwaltungsgericht habe den Eilantrag, mit dem die Universität die Durchführung der
Tierversuche erreichen wollte, an deren Ende die Zwerghamster getötet werden, im
Wesentlichen mit der Begründung abgelehnt, dass die aufgeworfene Frage der
Unerlässlichkeit und ethischen Vertretbarkeit der Versuche im Sinne der §§ 7, 8
Tierschutzgesetz nur in einem Hauptsacheverfahren, d.h. einer Klage geklärt werden könnten.
In der Kürze der Zeit, in der die Versuche nach den Ausführungen der Universität
durchgeführt sein müssten, sei die notwendige weitere Sachaufklärung und eine
gegebenenfalls noch einzuholende sachverständige Einschätzung der konkreten
Belastungssituation der Tiere und des zu erwartenden Nutzens des Forschungsvorhabens nicht
möglich. Die deshalb vorzunehmende Abwägung der Folgen für die geltend gemachte
Wissenschaftsfreiheit einerseits und die Belange des Tierschutzes andererseits falle nicht zu
Gunsten der Universität aus.
Dem geltend gemachten Verlust von Drittmitteln und der geltend gemachten Bedeutung der
Forschung für die Beteiligung an der Projektreihe der ESA stehe am Ende der Tierversuche
der größtmögliche und irreversible Schaden durch die geplante Tötung der Tiere gegenüber.
Die durchaus gewichtigen Belange der Universität ließen eine erhebliche und unabwendbare
Notwendigkeit der sofortigen Durchführung der Tierversuche jedoch nicht erkennen.