Die Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen darf die Ergebnisse des von ihr
durchgeführten „10. Warentests für Mastferkel“ nicht mehr öffentlich machen. Dies geht aus
einem Urteil des Verwaltungsgerichts Münster vom 2.4.2019 hervor. Die weiterhin drohende
Weitergabe der Ergebnisse an Dritte stelle einen nicht gerechtfertigten Eingriff in die
Berufsfreiheit des Klägers dar.
Die Beklagte hatte 2014 im Auftrag des Verlages des „Wochenblatts für Landwirtschaft und
Landleben“, eines der Amtsblätter der Beklagten, ihren „10. Warentest für Mastferkel“
durchgeführt und die Ergebnisse 2016 im genannten Wochenblatt veröffentlicht. Im Rahmen
des Warentests hatte die Beklagte bestimmte genetische Eigenschaften von Endproduktebern
aus vier verschiedenen Zuchtorganisationen verglichen. Zu diesem Zweck hatte sie
Mastschweine aus dem Sperma der Eber der teilnehmenden Zuchtorganisationen produziert
und die Mastschweine in Hinblick auf die Kriterien Mastleistung,
Schlachtkörperbeschaffenheit, Fleischbeschaffenheit, Ebergeruch und Wirtschaftlichkeit
verglichen. Bei diesem Warentest schnitten die Nachkommen der Eber des klägerischen
Unternehmens, einer staatlich anerkannten Tierzuchtorganisation auf dem Gebiet der
Schweinezucht mit Sitz in Baden-Württemberg, am schlechtesten ab.
Der gegen die Veröffentlichung der Testergebnisse gerichteten Klage gab das VG Münster
jetzt statt. Nach Auffassung des Gerichts stellt die – weiterhin drohende – Weitergabe der
Ergebnisse des „10. Warentests für Mastferkel“ an Dritte einen nicht gerechtfertigten Eingriff
in die Berufsfreiheit des Klägers dar. Die Durchführung eines vergleichenden Warentests und
die anschließende Weitergabe der Ergebnisse an Dritte seien sowohl in ihrer Zielsetzung als
auch in ihrer Wirkung einem klassischen Grundrechtseingriff vergleichbar.
Für diesen Grundrechtseingriff fehle es an der erforderlichen Ermächtigungsgrundlage. Die
der Landwirtschaftskammer gesetzlich zugewiesenen Aufgaben bezögen sich durchweg im
positiven Sinne auf die Förderung, Betreuung und Unterstützung der in der Landwirtschaft
tätigen Personen. Es erscheine daher fernliegend, dass der Gesetzgeber der
Landwirtschaftskammer Aufgaben habe zuweisen wollen, zu deren Erfüllung der Eingriff in
Grundrechte erforderlich sei. Darüber hinaus erscheine jedenfalls zweifelhaft, ob die
Durchführung eines Warentests und die anschließende Veröffentlichung der Ergebnisse
überhaupt von dem im Landwirtschaftskammergesetz definierten Aufgabenbereich der
Beklagten erfasst seien. Auch die Voraussetzungen für eine Maßnahme nach dem
Tierzuchtgesetz seien nicht erfüllt.
Abgesehen von der fehlenden Ermächtigungsgrundlage genügten die Art und Weise der
Durchführung des Warentests und die Veröffentlichung der Testergebnisse auch nicht dem
allgemeinen, für jedes staatliche Informationshandeln geltenden Gebot der Sachlichkeit,
sodass die Weitergabe der Ergebnisse auch aus diesem Grund rechtswidrig sei. Ein
wesentlicher Mangel des Warentests bestehe darin, dass das Ebersperma im Vorfeld des Tests
nicht anonymisiert worden sei und daher jedenfalls von den Betriebsleitern der
Ferkelerzeugerbetriebe den jeweiligen Zuchtorganisationen habe zugeordnet werden können.
Daraus hätten sich für die Betriebsleiter verschiedene Möglichkeiten der Einflussnahme auf
den Testverlauf eröffnet.
Darüber hinaus genügten auch die Art und Weise der Ergebnisdarstellung nicht den
Anforderungen an das Sachlichkeitsgebot. So verstoße die abschließende Vergabe von
Schulnoten nach einem relativen Bewertungsmodell gegen das Sachlichkeitsgebot. Gleiches
gelte für die Verwendung des Ampelsystems im Rahmen der Ergebnisdarstellung. Auch sei
für die Adressaten des Warentests nicht mit der erforderlichen Eindeutigkeit erkennbar, nach
welchen Kriterien die abschließende Gesamtnote errechnet worden sei.
Abgesehen davon bestünden auch im Übrigen erhebliche Bedenken, ob der gewählte
Testaufbau mit den Anforderungen des Sachlichkeitsgebots vereinbar sei. So erscheine
insbesondere zweifelhaft, ob die Vorgehensweise der Beklagten bei der Auswahl der
Ferkelerzeugerbetriebe den Anforderungen des Sachlichkeitsgebots genüge. Es lasse sich
nicht mit der gebotenen Klarheit nachvollziehen, auf welche Weise und anhand welcher
Kriterien die Beklagte aus den etwa 30 geeigneten Betrieben die sechs Betriebe je
Sauenherkunft ausgewählt habe, die an dem Test teilgenommen hätten.
Darüber hinaus begegne auch das von der Beklagten gewählte Aufbaumodell des
kreuzklassifizierten balancierten Versuchsdesigns erheblichen Bedenken, weil es durchaus
naheliegend sei, dass die getesteten Herkünfte in den Ferkelerzeugerbetrieben
unterschiedlichen Bedingungen ausgesetzt gewesen seien und sich daraus Zweifel an der
Vergleichbarkeit der Testbedingungen ergäben.