Das Vermarktungsverbot für Tabak zum oralen Gebrauch wie Snus ist gültig. Dieser Ansicht ist Generalanwalt des Gerichtshofs der Europäischen Union Henrik Saugmandsgaard Øe. In seinen Schlussanträgen vom 12.4.2018 führt er unter anderem an, da Tabak zum oralen Gebrauch im Gegensatz zu Rauchtabak neu sei, könne er eine besondere Anziehungskraft insbesondere auf junge Menschen ausüben, sodass durch sein Verbot die Entstehung einer neuen Abhängigkeitsquelle verhindert werden könne.

Im Vereinigten Königreich ist das Inverkehrbringen von Tabak zum oralen Gebrauch wie Snus gemäß der Tabakrichtlinie von 2014 (RL 2014/40/EU) verboten. Schweden ist wegen der traditionellen Verwendung von Snus in diesem Land von diesem Verbot ausgenommen. Swedish Match, ein Unternehmen, das Snus herstellt und vermarktet, stellt die Gültigkeit der britischen Rechtsvorschriften und damit der durch diese umgesetzten Richtlinie im Hinblick auf das Unionsrecht in Frage. Obwohl der Gerichtshof im Jahr 2004 das in einer der Tabakrichtlinie von 2014 vorausgegangenen Richtlinie vorgesehene Verbot des Inverkehrbringens von Tabak zum oralen Gebrauch für gültig erklärt hat (Urteil des EuGH (gr. Kammer) v. 14.12.2004 C-434/02), macht Swedish Match geltend, dieses durch die Richtlinie von 2014 aufrechterhaltene Verbot sei nunmehr insbesondere unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes und des Diskriminierungsverbots ungültig. Nach Auffassung von Swedish Match hat der Unionsgesetzgeber insbesondere die Entwicklung der wissenschaftlichen Erkenntnisse und des Rechtsrahmens für Tabakerzeugnisse seit den ersten Urteilen des Gerichtshofs nicht berücksichtigt.

Das mit dem Rechtsstreit im Vereinigten Königreich befasste Gericht fragt den Gerichtshof, ob die Tabakrichtlinie von 2014 gültig ist, soweit sie ein Vermarktungsverbot für Tabak zum oralen Gebrauch wie Snus vorsieht.

Generalanwalt Henrik Saugmandsgaard Øe hat hierzu entschieden, dass das Vermarktungsverbot für Tabak zum oralen Gebrauch gültig ist. Was die Vereinbarkeit dieses Verbots mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im Hinblick auf die Entwicklung der wissenschaftlichen Erkenntnisse anbelangt, vertritt er die Ansicht, dass der Unionsgesetzgeber die Grenzen seines Ermessens nicht überschritten hat, indem er festgestellt hat, dass Tabak zum oralen Gebrauch suchterzeugend und gesundheitsschädigend ist, da er das Risiko bestimmter schädlicher Wirkungen erhöht und das Risiko anderer schädlicher Wirkungen erhöhen kann. Dieses Ergebnis könne nicht allein deshalb in Frage gestellt werden, weil bestimmte Daten, aufgrund deren der Gesetzgeber die Schädlichkeit von Tabak zum oralen Gebrauch bejaht hat, in Gegengutachten bestritten wurden.

Darüber hinaus ist der Generalanwalt der Auffassung, dass der Unionsgesetzgeber die Grenzen seines Ermessens nicht überschritten hat, als er zu dem Schluss gekommen ist, dass die Aufhebung des Verbots des Inverkehrbringens von Tabak zum oralen Gebrauch aufgrund der entsprechenden Auswirkungen auf die Konsumgewohnheiten zu einer allgemeinen Zunahme der schädlichen Folgen von Tabak in der Union führen könnte. In diesem Zusammenhang habe der Unionsgesetzgeber angenommen, dass die Aufhebung dieses Verbots insbesondere die Gefahr mit sich bringen würde, dass junge Menschen an das Rauchen herangeführt werden und das Risiko eines späteren Konsums von Rauchtabak steigt. Seiner Ansicht nach ist hingegen die Wirksamkeit von Tabak zum oralen Gebrauch als Hilfe zur Raucherentwöhnung nicht erwiesen.

In Anbetracht dieser Bewertung der Risiken für die öffentliche Gesundheit, die sich aus der Aufhebung des betreffenden Verbots ergeben könnten, habe der Gesetzgeber beschlossen, dieses Verbot in der neuen Tabakrichtlinie von 2014 beizubehalten. Nach Auffassung des Generalanwalts ist diese Entscheidung zur Verfolgung des doppelten Ziels der Richtlinie, das reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts zu erleichtern und gleichzeitig ein hohes Gesundheitsschutzniveau, insbesondere für junge Menschen, zugrunde zu legen, nicht offensichtlich ungeeignet.

Der Generalanwalt weist darüber hinaus das Argument zurück, wonach dadurch gegen das Diskriminierungsverbot verstoßen werde, dass Tabak zum oralen Gebrauch eine andere Behandlung erfahre als die, die insbesondere anderen Tabakerzeugnissen und elektronischen Zigaretten vorbehalten sei. Nach Ansicht des Generalanwalts befinden sich Tabak zum oralen Gebrauch und die anderen Erzeugnisse aufgrund ihrer objektiven Merkmale nicht in einer vergleichbaren Situation. Was die unterschiedliche Behandlung von Tabak zum oralen Gebrauch und Kautabak oder Schnupftabak betrifft, habe der Gerichtshof bereits in seinem Urteil von 2004 festgestellt, dass sich diese Erzeugnisse insofern unterscheiden, als Tabak zum oralen Gebrauch neu auf dem Binnenmarkt war und für junge Menschen als besonders attraktiv galt, als der Gesetzgeber beschlossen hat, die Vermarktung zu verbieten.

Nach Auffassung des Generalanwalts wird dieses Ergebnis durch nichts in Frage gestellt. Was den Unterschied in der Behandlung zu Rauchtabak anbelangt, führt er zum einen aus, dass Tabak zum oralen Gebrauch im Gegensatz zu Rauchtabak neu ist, sodass angesichts der besonderen Anziehungskraft, die er auf junge Menschen ausüben kann, durch sein Verbot die Entstehung einer neuen Abhängigkeitsquelle verhindert werden kann. Zum anderen weist der Generalanwalt darauf hin, dass ein Verbot von Rauchtabak höchstwahrscheinlich zur Entstehung eines Schwarzmarkts führen würde. Was den Unterschied in der Behandlung zu elektronischen Zigaretten angeht, stellt er fest, dass diese keinen Tabak enthalten, ohne Verbrennung funktionieren und verhältnismäßig neuartige Produkte sind, deren Risiken für die Gesundheit noch klärungsbedürftig sind.

Schließlich weist der Generalanwalt darauf hin, dass, wie der Gerichtshof bereits 2004 entschieden hat, alternative Maßnahmen zum Vermarktungsverbot für Tabak zum oralen Gebrauch, wie die Vorschreibung technischer Normen, um die Schädlichkeit des Erzeugnisses zu verringern, oder die Regelung der Etikettierungs- und der Verkaufsbedingungen, nicht dieselbe Präventivwirkung hätten, da sie es zulassen würden, dass sich ein Erzeugnis auf dem Markt etabliert, das auf jeden Fall schädlich bleibt.